Ich bin Amnesty
11 Aktivist*innnen aus der ganzen Schweiz erzählen
von ihrem Engagement mit Amnesty International
60 Jahre Jubiläum
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Frauenrechtsgruppe Zürich
«Frauenrechte sind Menschenrechte»
Wieso braucht es eine Frauenrechtsgruppe? Weltweit werden Frauen diskriminiert, misshandelt und ausgenutzt, gerade weil Sie Frauen sind – sei dies durch den Staat, das gesellschaftliche oder familiäre Umfeld: Gewalt gegen Frauen ist in allen Ländern rund um den Erdball über die Grenzen von Wohlstand, Ethnie und Kultur hinweg eine Realität mit System.
Wir fordern die Erlangung und Einhaltung von Frauenrechten! Dafür setzen wir uns in Zürich seit 1999 aktiv ein. Unter anderem führen wir Standaktionen, Podiumsgespräche und Strassenaktionen durch, sind auf den sozialen Medien präsent, sammeln Unterschriften für wichtige Petitionen und schreiben Briefe (Urgent Actions) an Regierungen.
Zu unserer Frauenrechtsgruppe in Zürich zählen fast 250 Mitglieder. Während ein grosser Teil die Gruppe passiv unterstützt, engagieren sich rund 15 Aktivist*innen aktiv auf freiwilliger Basis. Es braucht viel Zeit und Energie, sich neben all den alltäglichen Aufgaben noch für die Frauenrechte einzusetzen. Doch der Einsatz lohnt sich! Am Frauenrechtstag 2021 haben wir den Hauptbahnhof in Zürich und weitere Gebäude mit einem mobilen Beamer besucht und die Öffentlichkeit mit gut sichtbaren Bildern zur Revision des Sexualstrafrechts informiert.
Ausserdem unterstützen wir einen spezifischen Fall, ein Action File: Aktuell engagieren wir uns für die Freilassung der BK16, 16 Menschenrechtsverteidiger*innen in Indien, die seit bald drei Jahren ohne Beweise und ohne Verfahren inhaftiert sind. Mit einer Solidaritätsaktion im Amnesty Container im Herzen von Zürich haben wir auf die BK16 aufmerksam gemacht und die Öffentlichkeit über diese Menschenrechtsverletzung informiert. Wir werden die BK16 und ihre Familien in ihrem Kampf weiterhin unterstützen.
Last but not least ist unserer Gruppe das Schreiber*innennetzwerk angeschlossen.
Denis, 23
«Mit einem Aufkleber die Welt verändern»
Mit einem Aufkleber auf dem Laptop die Welt verändern? Klingt im ersten Moment absurd. Aus eigener Erfahrung weiss ich jedoch, dass es solch kleine Dinge sind, welche einen Baustein für eine bessere Welt sein können.
Beginnen wir von vorne: Das erste Mal wahrgenommen habe ich Amnesty International in einem Tageschau-Beitrag vom deutschen Fernsehen. Darin ging es um einen Amnesty-Bericht, welcher Menschenrechtsverstösse in Kriegsgebieten anprangerte. So meine ich mich zumindest zu erinnern. Denn zu dieser Zeit ich noch ein Kind. Aber schon damals war mir klar: Indem Licht ins Dunkle gebracht wird, leistet Amnesty einen wichtigen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit auf dieser Erde.
Was hat es nun aber mit dem Aufkleber auf dem Laptop auf sich? Nun: Vor einigen Jahren sah ich einen «Amnesty Youth»-Aufkleber auf dem Laptop eines Kollegen. Zwar hatte ich von der Menschenrechtsbewegung zwischenzeitlich immer mal wieder gehört, aber mich aktiv darin zu engagieren, war bis dahin noch kein Thema. Der Laptopaufkleber änderte dies. Ich informierte mich über Amnesty, beziehungsweise Amnesty Youth, und schloss mich der Amnesty Unigruppe in Fribourg an. Gemeinsam organisierten wir diverse Veranstaltungen. Unter anderem führten wir eine Aktion zur Unterschriftensammlung für die Petition «Stopp sexuelle Gewalt» durch. Aktuell setze ich mich nun in der «Youth Task Force» von Amnesty für ein zeitgemässes Sexualstrafrecht ein.
Ein Aufkleber auf einem Laptop aktivierte mich also dazu, mich bei Amnesty International für den Schutz und die Sicherstellung der Menschenrechte zu engagieren. Inzwischen sehe ich die Menschenrechte als eine Art Mindeststandard im politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umgang miteinander. Und – theoretisch – bekennen sich die allermeisten Staaten dazu. An den Ungerechtigkeiten und Missständen in unserer Gesellschaft ändert mein bescheidenes Engagement allein zwar noch wenig, aber: es sind wir alle, welche mit unzähligen ‘kleinen’ Taten eine Welt gestalten, in der Menschenrechte für alle gelten. Das ist das grossartige an unserer Bewegung: wir ziehen alle an einem Strang und in dieselbe Richtung. Gemeinsam geben wir vollen Einsatz für etwas, was eigentlich allen Menschen bedingungslos zustehen sollte – Menschenrechte.
Marta, 79
«Menschenrechte müssen ständig erkämpft werden»
Nie wieder Krieg! Während sich der Kalte Krieg 1970 in Zentral-Europa bereits etwas abgeschwächt hatte, waren in vielen Teilen der Welt schwerste Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Als einfaches Individuum aus der Schweiz dagegen anzukämpfen, schien unmöglich. Umso mehr beeindruckte mich ein Rundfunkbericht über das Engagement der deutschen Sektion von Amnesty International. Der politisch unabhängige und unparteiische Ansatz für die Menschenrechte überzeugte mich und so trat ich kurz darauf der gerade neu gegründeten Amnesty Sektion Schweiz bei. Besonders wichtig war für mich, dass ich konkretes aktives Handeln auch als ehrenamtliches Mitglied und junge Mutter von drei Kindern verbinden konnte.
1975 wurde ich in den Vorstand von Amnesty Schweiz für das Ressort Gefangenen- und Länderarbeit gewählt. Dazu gehörte auch die Sachbearbeitung des Hilfs-Fonds und ab 1976 die Asylgesuche für politische Gefangene, die in Argentinien und anderen Ländern Südamerikas inhaftiert waren. Erst nach Beendigung der Militärdiktaturen war es mir möglich, im Auftrag des Internationalen Sekretariats von Amnesty nach Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Brasilien und Ecuador zu reisen mit dem Ziel, gemeinsam mit lokalen Menschenrechts- und Basisorganisationen, Menschenrechts- und Nothilfeprojekte für haftentlassene Gefangene, Verschwundene und ihre Familien sowie für intern Vertriebene und an Leib und Leben bedrohte Menschen aufzubauen. Ab 1986 wurde Kolumbien zum Schwerpunktland meiner Arbeit für Amnesty, wo ich auch viele meiner prägenden Amnesty Momente erlebte.
Einer von vielen prägenden Momenten war für mich der Fall der 1992 ermordeten Gemeindepräsidentin Maria Mercedes. Ihr Mann, Jorge Rodrígo, wollte Amnesty über die Umstände des Mordes informieren, aber die prekäre Sicherheitslage liess ein persönliches Gespräch mit mir nicht zu. Einige Monate später wurde auch Jorge Rodrígo ermordet. Das Paar hinterliess vier kleine Töchter. Amnesty setzte sich für die Aufklärung dieser und vieler anderer Morde ein. Die vier Kinder wurden von einer Freundin der Mutter aufgenommen und aus dem Nothilfe Fonds eine Zeitlang unterstützt. Für ihre spätere Ausbildung konnte ich private Spenderinnen aus der Schweiz gewinnen. Es durfte nicht sein, dass diese Kinder ohne Zugang zu höherer Bildung blieben, wo ihre Eltern doch gerade für diesen Zugang gekämpft hatten. Inzwischen haben sie ihr Studium abgeschlossen, und wir sind in engem Kontakt geblieben.
Thomas V.
«LGBTI*-Rechte sind Menschenrechte»
Ich habe mich an der Uni zum ersten Mal für LGBTI*-Rechte engagiert und bin so zum Aktivismus gekommen. Der Auslöser war für mich die Beschäftigung mit Queer Theory und der Kritik an essentialistischen Kategorien wie Frau oder Mann. In der Dekonstruktion von Geschlecht und sexuellem Begehren liegt etwas zutiefst Befreiendes. Ich sehe meinen Aktivismus als theoretische Praxis dieser Ideen.
Amnesty International ist eine global bekannte, gut vernetzte Menschenrechtsorganisation, die sich stark auf den Themengebieten sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Anti-Diskriminierung engagiert. Hier kann ich mich als Freiwilliger und LGBTI*-Experte einbringen und etwas bewirken. Für eine diskriminierungsfreie Welt ist es zentral LGBTI*-Rechte als Menschenrechte zu etablieren und durchzusetzen.
Ich sehe Queeramnesty als fortschrittlich und ideenreich. Ein persönliches Highlight war für mich die Zürich Pride 2014. Wir haben damals eine Podiumsdiskussion zur Lage von Schwulen und Lesben in Weissrussland organisiert und ein lebensgrosses Wisent aus Pappmaché gebastelt. Das Wisent stand für die Freiheit, die vielen Weissruss*nnen verwehrt wird. Mit dem Wisent als Fotomotiv konnten wir am Pride Festival eine sehr erfolgreiche Solidaritätsaktion durchführen und den Aktivist*innen aus Mimik, die wir eingeladen haben, Mut und Zuversicht geben.
Lina, 20
«Unsere Rechte geben uns Freiheit»
Ich hatte schon am Gymnasium von Amnesty International gehört, aber erst als ich nach Lausanne kam, entdeckte ich die Hochschulgruppe. Heute liegt sie mir aus mehreren Gründen sehr am Herzen.
Zunächst einmal hat mir Amnesty einen Raum gegeben, in dem ich mich mit Menschen austauschen und mitteilen kann. Menschen, die bereit sind, mir zuzuhören, mich weiterzubilden und mein kritisches Denken über Konzepte zu fördern, über die wir in der Schule nur sehr wenig gehört haben. Die Gruppe gibt mir somit die Möglichkeit zu diskutieren, zu lernen und meine eigenen Stereotypen zu hinterfragen.
Was mir an Amnesty gefällt, ist die Vielseitigkeit. Aufgrund der zwischenmenschlichen und freundschaftlichen Beziehung, die wir untereinander schaffen, können wir zusammenarbeiten und uns an der Universität zu einer Vielzahl von Themen engagieren – Hand in Hand mit anderen Teilen der Universität, wie zum Beispiel bei der Bereitstellung von genderneutralen Toiletten auf dem Campus oder kostenlosen Hygieneartikeln für die Menstruation.
Ich bin der Meinung, dass das Wohlbefinden aller Menschen und unser Zusammenleben die Festlegung von Rechten und deren Einhaltung erfordert. Mit Rechten meine ich Rechte, die in Frage gestellt werden, die die Individuen aber schützen und respektieren und die als Schutzschild gegen Gewalt dienen können.
In der Tat können uns Rechte nur in dem Masse schützen, wie sie selbst geschützt werden.
Ich möchte mich auch weiterhin für Amnesty einsetzen, für ihre Werte und ihre vielschichtigen Engagements. Ich glaube, dass wir von und mit aktiven Menschen, die dieselben Ideale teilen, neu lernen können, miteinander zu leben. Ein Zusammenleben mit Empathie und Fürsorge, mit Menschen, die einander zuhören, gemeinsam kämpfen und sich gegenseitig so akzeptieren, wie sie sind.
Thomas R.
«Amnesty ist für mich International»
Politisiert durch die Rekrutenschule engagierte ich mich in einer lokalen Jungpartei meiner Wohngemeinde in der Zürcher Agglomeration. Was für mich selbstverständlich war, bleibt vielen weltweit bis heute verwehrt. Bereits damals war ich überzeugt: Menschenrechte sind sowohl Voraussetzung wie auch Mittel um die eigenen Lebensverhältnisse verbessern zu können.
Amnesty war für mich «International» und mit einem Mix aus Recherche, Aktionen, Kampagnen sowie Lobbying die einzige glaubwürdige Bewegung um hier etwas zu bewirken. Besonders wichtig: hier konnte ich mich mit anderen auf vielfältigste Weise engagieren – gleich um die Ecke, nicht unwesentlich in Zeiten ohne Internet! Was mit einem gemütlichen Grillabend bei der Amnesty-Gruppe in Bassersdorf begann, führte mich über die Organisation vieler Aktionen zur Zürcher Regionalkoordination, Gruppenleitung, Kommissionen bis in den Vorstand der Schweizer Sektion und zu zahlreichen internationalen Treffen.
Seither gehe ich es ruhiger an. Ich bin in der Internationalen und Politischen Kommission der Sektion tätig, nehme regelmässig an den spannenden Jahresversammlungen teil, mache gelegentlich bei Aktionen der Zürcher Lokalgruppe mit und bin Vertrauensperson für Fälle sexueller Belästigung. Ja, auch das braucht es bei Amnesty.
Früh hatte ich bemerkt, dass ich ein Faible für Themen wie Governance und Strategie oder langweilige Dinge wie Reglemente habe, um die andere noch so gerne einen Bogen machen! Und sie sich stattdessen auf Aktionen konzentrieren können.
Was mich über all die Jahre bei Amnesty hält sind erstens die vielen beindruckenden und engagierten Menschen, die ich treffen konnte oder mit denen ich zusammengearbeitet habe. Zweitens ist Amnesty wirklich basisdemokratisch. Ich bin auch bei anderen grossen NGOs Mitglied, nur haben dort Mitglieder häufig wenig zu melden. Drittens entwickelt sich Amnesty stetig weiter und bleibt eine Avantgarde der Menschenrechte mit ganzheitlichem Ansatz. Was hat z.B. das Recht auf Wasser mit den Rechten von Mädchen zu tun? Ganz viel und sicher mehr als ihr denkt…
Cléa, 75
«Indem wir gemeinsam Samen des Friedens und der Gerechtigkeit säen, tragen wir zur Veränderung bei, die wir uns wünschen»
Seit meinem dreissigsten Lebensjahr bin ich für die Meinungsfreiheit sensibilisiert und habe Briefe zur Verteidigung der Menschenrechte, insbesondere für Gefangene, geschrieben.
Im Jahr 2009 bin ich aktiv einer Amnesty-Gruppe beigetreten und war während fünf Jahren für diese verantwortlich.
Folgender Satz hat mich immer geleitet: «Indem wir gemeinsam Samen des Friedens und der Gerechtigkeit säen, tragen wir zur Veränderung bei, die wir uns wünschen».
Für mich ist es enorm wichtig, Verbindungen zu schaffen und Solidarität zu zeigen. Deshalb liebe ich es, Teil einer Gruppe zu sein und mich an Aktionen zu beteiligen.
Ich finde es wunderbar, Menschen aus verschiedenen Regionen der Schweiz oder aus anderen Ländern, zum Beispiel den transalpinen Ländern, zu treffen und mich mit ihnen auszutauschen.
Natürlich sind alle Menschenrechte es wert, verteidigt zu werden. Die folgenden Menschenrechte jedoch liegen mir persönlich am meisten am Herzen:
– die Menschenrechtbildung von Kindesbeinen an
– die Ausrottung von Hunger und Armut
– das Recht auf Nicht-Diskriminierung
– die Anerkennung der Rechte und Gleichberechtigung von Frauen und -Personen
– das Recht auf Freizügigkeit und Asyl für alle Menschen, die aus Sicherheitsgründen oder wegen klimatischen, wirtschaftlichen oder anderen Problemen ihr Land verlassen müssen oder wollen.
Am meisten bewegt haben mich in den Jahren meiner Amnesty-Mitgliedschaft die verschiedenen Zeugnisse, die ich von Menschen gehört habe, die Opfer von Gewalt, Diskriminierung, willkürlicher Inhaftierung usw. geworden sind. Der Mut dieser Menschen hilft mir, mein Engagement fortzusetzen.
Elettra, 23
«Wenn man einmal bei Amnesty ist, geht man nie wieder weg.»
Ich hörte zum ersten Mal von Amnesty International, als ich 14 Jahre alt war. Das war während meines ersten Jahres am Tessiner Gymnasium. Zuerst hatte ich mich nicht getraut, mich zu engagieren, weil ich nicht verstand, worum es ging. Ich dachte auch, ich hätte nicht die Zeit oder die Fähigkeiten dazu. Dann sah ich Aktionen gegen Folter und gegen die Todesstrafe und nahm zum ersten Mal an einem Briefmarathon teil. Ich fand es grossartig! Im folgenden Jahr begann ich, mich bei Amnesty zu engagieren.
Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Demonstration in Lugano; es war in einem November zum internationalen Tag im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen. Ich erinnere mich auch an eine Konferenz in der Kantonsbibliothek in Bellinzona, bei der ich Dick Marty über seine beruflichen und persönlichen Erfahrungen sprechen hörte. All das hat mich tief berührt, meinen Horizont erweitert und dazu beigetragen, dass ich nach Genf kam, um zunächst internationale Beziehungen und dann Jura zu studieren. Auch in Genf schloss ich mich der Amnesty-Gruppe an der Universität an und entdeckte eine andere Art, Aktivismus zu betreiben. Hier war ich Teil einer viel grösseren Gruppe, die mehr Ressourcen und mehr Möglichkeiten für Aktionen hatte.
Ich finde es unglaublich inspirierend, dass der Einsatz für die Menschenrechte so viele verschiedene Formen annehmen kann, aber dennoch eine fundamentale gemeinsame Basis hat: nämlich Menschen rund um gemeinsame Werte zusammenzubringen, die Grundlage für den Aufbau einer besseren Welt sind.
Mein Lehrer, der die Amnesty-Gruppe am Gymnasium im Tessin leitete, hatte Recht: Wenn man einmal bei Amnesty mitmacht, geht man nicht mehr weg… Weil es einfach unmöglich ist, dieses essenzielle Bestreben aufzugeben: Das Bestreben dafür zu sorgen, dass alle Menschen in ihrer Würde und in ihren Grundrechten respektiert werden.
Jonathan, 40
«Im Einsatz für die Menschenrechte habe ich einen Sinn für mein Leben gefunden.»
Ich war neu in der Schweiz und mein Job in der Privatwirtschaft gab meinem Leben keinen echten Sinn. Beim Beobachten von Organisationen, die an der Zurich Pride (2008) mitmarschierten, begegnete ich Aktivist*innen von Queeramnesty, als sie mir ihren Flyer gaben. Das Bild auf dem Flyer – Blut, das von einem Regenbogen tropft – hat mich damals tief berührt. Der Gedanke, dass anderswo Menschen gefoltert und getötet werden, weil sie versuchen, ihre wahre Identität oder ihre Liebe zu jemandem des gleichen Geschlechts auszuleben, und die Aussicht, ihnen helfen zu können, brachten mich dazu, Queeramnesty-Treffen zu besuchen.
Ich habe bewusst eine Freiwilligengruppe von Amnesty Schweiz gewählt, weil Amnesty eine breite Bewegung ist, die weit über -Themen hinausgeht. Und weil ihre Aktionen vor allem auf Länder abzielen, in denen die Situation für die betroffenen Menschen noch weit schwieriger ist als in der Schweiz. Auch die Freundlichkeit meiner neuen Freiwilligengruppe mit ihren «Apéro-Treffen» bei den Mitgliedern zuhause hat mich von Anfang an motiviert; und ich fühlte mich sofort akzeptiert, obwohl ich selbst kein Schweizer bin.
Im Laufe der Jahre begann ich, immer regelmässiger an den Generalversammlungen der Sektion teilzunehmen, während ich mich über die Rechte von Queers hinaus engagierte. So zum Beispiel in der Internationalen Kommission von Amnesty Schweiz, für Frauenrechte, für die Konzernverantwortungsinitiative und andere Anliegen. Ein emotionaler Moment war 2019, als ich – im Rahmen der Kampagne «Stopp Sexuelle Gewalt» – erfuhr, dass es in der Schweiz durchschnittlich zwei Frauenmorde pro Monat gibt
Emily
«Der Kampf für die Menschenrechte ist eine Priorität in meinem Leben, weil er universell ist – und keine Zugeständnisse erfordert!»
Der Auslöser, als aktives Mitglied einer Amnesty-Gruppe beizutreten und somit zu einer Aktivistin zu werden, war für mich das 50-jährige Jubiläum dieser Organisation. Ich war aber schon lange ‘normales’ Mitglied und bewunderte Amnesty International als weltweit führende Menschenrechtsorganisation.
Diese zehn Jahre als Aktivistin stehen für unzählige Engagements, wie für die Abschaffung der Todesstrafe, die Konzernverantwortungsinitiative, den Vertrag über den Waffenhandel, die Frauen- und LGBTI*-Rechte, die EMRK, für Flüchtlinge, gegen die digitale Überwachung, gegen Folter… aber auch für nationale und internationale Kampagnen von Amnesty. Und weiter: Der Einsatz für Einzelpersonen wie Leonard Peltier in den USA, Raïf Badawi in Saudi-Arabien, Taner Kılıç und Idil Eser in der Türkei, zur Verteidigung der Whistleblower*innen Edward Snowden, Julian Assange und Chelsea Manning… neben vielen weiteren auf der ganzen Welt! Meine Tätigkeiten umfassten Briefe, Petitionen, Stände, Demonstrationen, die Organisation von Veranstaltungen wie Ausstellungen, Debatten, Shows, Filmvorführungen, Teilnahme an Festivals und noch so vieles mehr!!!
Dies ist nur ein kleiner Überblick über diese zehn intensiven Jahre. Es würde zu lange dauern, die Einzelheiten aufzuzählen, da die Verteidigung der Menschenrechte so anspruchsvoll ist: Man muss immer wachsam bleiben, darf niemals nachlassen, denn der Kampf ist schier endlos – aber er bringt auf seine Art eine grosse Befriedigung…
Ingeborg
«Amnesty International zu unterstützen und sich für Amnesty zu engagieren bedeutet, sich gegen die Aushöhlung unserer Rechte und Freiheiten zu wehren. Indem wir für eine gerechtere Welt kämpfen, halten wir die Hoffnung aufrecht.»
Während meines Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Wien in den 1970er Jahren kam ich über Freund*innen zu einer AI-Gruppe. Aber erst später, als Co-Koordinatorin des NGO-Forums bei der Weltkonferenz über Menschenrechte in Wien 1993, lernte ich die Organisation wirklich kennen und erkannte ihre entscheidende Bedeutung für eine bessere Welt.
Als Leiterin des «Menschenrechtsprogramms» bei der Interparlamentarischen Union (IPU) arbeitete ich eng mit den Kolleg*innen vom Internationalen Sekretariat von Amnesty zusammen an einzelnen Fällen von Menschenrechtsverletzungen. Gemeinsam haben wir auch Schulungsseminare zum Thema Grundrechte für Parlamentarier*innen aus aller Welt organisiert. Meine letzten Jahre bei der IPU waren auch der Beginn einer Zeit grosser Veränderungen und Konflikte für Amnesty. Nach meiner Pensionierung wurde ich für vier Jahre (2012-2016) Mitglied des Vorstands der Schweizer Sektion. Nach meiner Ausbildung zur Mediatorin schloss ich mich schliesslich der Konfliktmanagement-Gruppe von Amnesty an, der ich seit 2017 angehöre.